Interview mit Phillipp

Heute möchten wir euch einen Menschen vorstellen der zwar nicht direkt etwas mit dem why not? zu tun hat, der sich aber in einer ähnlichen Einrichtung weit über das Maß eines „Ehrenamtlichen“ hinaus einbringt und hilft wo seiner Meinung nach zu helfen ist. Wir stellen vor: Phillipp Tenta aus dem beschaulichen Bünde in Ostwestfalen.



Ich kenne Phillipp schon seit einigen Jahren. Kennengelernt habe ich ihn  zunächst als brillianten Jazzmusiker, was nicht verwundert. Schließlich ist Phillipp studierter Musiker und Komponist. Später hat er mir eines seiner großartigen Bücher überlassen, welches ich verschlungen habe.  Irgendwann haben wir angefangen uns von „Schreiberling zu Schreiberling“ auszutauschen.

Bei diesen Gesprächen ist auch immer wieder sein überaus großes soziales Engagement und die Tatsache das sein Umfeld diesem zu einem nicht unerheblichen Teil mit einer gesunden Skepsis begegnet, ein Thema gewesen.
Als ich jetzt in der regionalen Tageszeitung lesen konnte, dass Phillipp ebenfalls ehrenamtlich in einem Flüchtlingscafe arbeitet und sich sogar zusammen mit seiner Frau Brigitte dazu entschieden hat 2 minderjährige Flüchtlinge bei sich aufzunehmen, war der Moment gekommen in dem ich beschloss ihn einmal zu befragen. 
Und Phillip hat viel zu sagen..


Hallo Phillipp, ich freue mich dass du dir die Zeit für dieses kleine Interview genommen hast.




Keine Ursache, das mache ich gerne.




Phillipp, wir kennen uns schon einige Jahre, daher weiß ich dass du sozial sehr engagiert bist und jetzt auch aktiv in der Flüchtlingshilfe arbeitest. Wie sieht deine Arbeit dort aus?

Wir haben hier in der Gegend vor einigen Monaten auch ein Flüchtlingsheim bekommen. Ich habe dann angefangen einige der Menschen die dort leben in die Stadt zu fahren. Oftmals war das die einzige Möglichkeit dort einmal weg zu kommen. 
Bei diesen Fahrten haben sich immer wieder nette Gespräche und ein Austausch entwickelt. 
Ich war auch gelegentlich in der Unterkunft um dort zu helfen. Dabei habe ich dann irgendwann eine nigerianische  Mutter mit 3 Kindern kennengelernt die allein hierher geflüchtet waren. Ich fand diese Familie ungeheuer sympathisch und habe sie dann bei Behördengängen begleitet, den Kindern einen Schulplatz besorgt, ihnen beim Einrichten eines Bankkontos geholfen, all diese Dinge die für uns so selbstverständlich geworden sind.




Du hast gerade gesagt dass Du auch direkt im Heim warst. Wie muss ich mir das Leben dort vorstellen? Wie waren deinen Eindrücke dort?




Es war keine Erstaufnahmeeinrichtung, dort saßen Menschen die bereits einen Antrag gestellt hatten und nun warten müssen. Man hat sie in einer alten Schule untergebracht, pro Familie, egal wie groß sie waren, immer ein Zimmer. In den Fluren alle Nationen und Religionen durcheinander, Privatspähre gibt es dort so gut wie gar keine.

Phillipp, ich kenne dich ja schon lange als sozial sehr engagierten Menschen. Warum hast du dich jetzt, zusammen mit deiner Frau, entschieden auch noch etwas für Flüchtlinge zu tun?

Ich hatte von Anfang an nie das Gefühl etwas geben zu müssen, es war vielmehr so dass ich viel mehr zurück bekommen habe. Die Gespräche auf den Autofahrten, die kurzen Begegnungen im Flüchtlingsheim, der Austausch, die Geschichten der Menschen. Das allein ist es wert sich dort zu engagieren.

Das ist ja witzig. Das war nämlich auch genau mein Ansatz etwas zu tun. Ich wollte immer mehr als nur Kleider und Hygieneartikel spenden. Ich wollte unbedingt auch die Menschen kennenlernen die hier sind, die ihre Heimat, ihre Familien aufgegeben haben in der Hoffnung auf ein besseres Leben hier.
Aber zurück zu dir. Ich interviewe dich hier ja für das Flüchtlingscafe why not?.
 Du hast mir erzählt dass du ebenfalls in einem Flüchtlingscafe arbeitest.  Wie sieht die Arbeit von denen aus?



Das ist ein Verein der sich schon seit Jahren in der Flüchtlingsarbeit einsetzt. Das ist das Cafe „Verein international“ in Bünde. Wir treffen uns dort einmal in der Woche und schauen wo am dringendsten Hilfe benötigt wird. Das kann so etwas simples wie das Reparieren eines Fahrrades sein, administrative Dinge, können aber auch Ämter- und Behördengänge sein. Wir bieten einen Anlaufpunkt für Flüchtlinge. Oftmals reicht es auch schon aus diesen Menschen einen Platz außerhalb ihres Camps zu geben an dem sie sich willkommen fühlen.

Kannst Du da noch ein wenig ins Detail gehen?




Die Hilfe die wir dort anbieten ist ganz vielfältig: Wir unterstützen  Menschen die kurz vor ihrer Anhörung stehen, wir bieten Begleitung  zu Behörden und Banken an, sprechen mit Schulen. Wir sind aber auch Vermittler zwischen Spendern und Empfängern. Oftmals kommen Menschen ganz spontan zu uns weil sie etwas abzugeben haben und gar nicht genau wissen wohin damit.
Was wir ausdrücklich nicht machen ist eine Rechtsberatung!




Du bist aber sogar noch einen Schritt weiter gegangen. Du hast dich zusammen mit deiner Frau Brigitte dazu entschieden Flüchtlinge bei dir aufzunehmen.

Wir haben über Jahre schon Pflegekinder bei uns aufgenommen. Wir standen jetzt vor der Entscheidung wieder ein oder zwei Kinder bei uns aufzunehmen. Da war dann der Gedanke zwei unbegleitete minderjährige Flüchtlinge zu nehmen nicht mehr weit.

Ich weiß dass bei euch nicht der finanzielle Aspekt im Vordergrund dieser Entscheidung stand. 




Ganz uneigennützig: Die Herausforderung ist eine ganz andere, viel größere. Das Arbeiten viel spannender. Wir nehmen sie ja nicht nur auf, wie arbeiten ja auch mit ihnen

Eine klare Aussage. Wie verständigt ihr euch mit den Beiden?

Das wissen wir noch nicht genau. Im Moment wird von der verantwortlichen Jugendhilfe so etwas wie eine Infrastruktur aufgebaut. Danach wird dann entschieden wer zu uns kommt. Wenn das nun ein syrisches Kind ist das nur arabisch spricht wird das sicher etwas schwierig. Ansonsten sprechen wir beide fließend englisch und französisch, meine Frau ist Französin. Damit kommt man auch schon gut voran.

Also wohnt im Moment noch kein Flüchtling bei euch?




Nein. Wir warten da noch auf Nachricht wann es los geht. Aber wir sind bereit.

Phillipp, ich bedanke mich bei dir für das ausführliche Gespräch und deine Zeit.


In diesem Moment geht die Tür auf. Phillipps 3 nigeriansche Kinder kommen vorbei und wollen mal schauen was wir da so machen. Die 3 sind 12-16 Jahre alt. Was sofort auffällt ist, dass sie schon relativ gut deutsch sprechen und darauf bestehen dass auch ich deutsch mit ihnen rede. Schließlich müssen sie die Sprache lernen.
Ich beschließe spontan, nachdem sie mir erzählen dass sie in Nigeria in einer Stadt mit 5 Millionen Einwohnern gelebt haben, sie für einen Tag nach Hamburg einzuladen. Mal wieder ein wenig Stadtluft atmen. Natürlich verbunden mit einem Besuch im why not?.
So funktioniert dann wohl kultureller Austausch!


Das Interview führte Michael Boyny


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